Schwerpunkte

Reizdarmsyndrom (RDS)

Eine der häufigsten Diagnosen weltweit ist das Reizdarmsyndrom. Typische Reizdarmbeschwerden sind Bauchschmerzen, ein aufgeblähter Bauch, Blähungen sowie Verstopfung und/oder Durchfall. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass bei rund 2/3 der Reizdarmpatient*innen eine bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung die zugrundeliegende Ursache der Reizdarmbeschwerden ist. Viele Reizdarmpatient*innen haben eine jahrelange Ärzteodyssee hinter sich, und Empfehlungen wie „Sie haben zu viel Stress“, „Das ist psychisch, machen Sie eine Therapie“, „Mehr Ballaststoffe essen“, „Weniger Ballaststoffe essen“, „Probieren Sie einen Darmaufbau mit Probiotika, „Ernähren Sie sich vollwertig“ führen zu keiner Verbesserung oder sogar zur Verschlechterung. Der Grund dafür ist, dass keine dieser Maßnahmen die Ursache behandelt. Mit den Fortschritten in der funktionellen Gastroenterologie ist es heute möglich, die Verlegenheitsdiagnose „Reizdarmsyndrom“ durch tatsächliche Erkrankungen zu ersetzen, die die Symptome erklären und endlich Heilungschancen für diejenigen bieten, die seit Jahren unter Verdauungssymptomen leiden.

Die häufigsten Ursachen für das Reizdarmsyndrom sind:

Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO)

Die Hauptursache für Reizdarm. Aktuellen Studien* zufolge liegt dem Reizdarmsyndrom bis zu 80 % der Fälle eine SIBO zugrunde. Bei SIBO sind im Dünndarm Bakterien vorzufinden, die bei gesunden Menschen nicht oder nur kaum vorhanden sind. Die Diagnose SIBO bedeutet, dass die Zahl der vorhandenen Bakterien im Dünndarm um mehr als min. das 100-Fache erhöht ist. Das geschieht unter anderem, wenn es den Bakterien aus dem Dickdarm durch bestimmte Ursachen gelingt in den Dünndarm vorzudringen. Das führt dazu, dass aufgenommene Nahrung durch die Bakterien bereits im Dünndarm verwertet wird. Die entstehenden Stoffwechselprodukte (Gase durch Fermentation) sorgen für die typischen Beschwerden wie Blähbauch (häufig ohne Blähungen), Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Nährstoffmangel usw.

Die Diagnose SIBO kann rechtlich in Deutschland nur von einem Heilpraktiker oder Arzt gestellt werden, ist jedoch als Krankheitsbild in Deutschland auch nach drastisch steigenden Fallzahlen, immer noch nicht anerkannt. Die Diagnose wird mithilfe eines Atemgastests gestellt.

Beim Atemgastest wird die Testsubtanz Lactulose, ein Disaccharid (bestehend aus Fruktose und Galaktose), getrunken und anschließend werden die entstehenden Wasserstoff- und Methangase als Reaktion auf die Laktulose gemessen. Liegt eine SIBO vor, beginnen die Bakterien mit der Verstoffwechselung der Laktulose, bevor sie den Dickdarm erreicht, was zu einem frühen Anstieg der Gasproduktion führt. Die verbleibende Laktulose erreicht dann den Dickdarm und verursacht einen zweiten Anstieg der Gasproduktion.

SIBO, IMO, SIFO, LIBO – wie bitte!?
Je nach Art der Fehlbesiedlung und der produzierten Gase werden verschiedene SIBO-Typen unterschieden. Hier ein kurzer Überblick:

SIBO vom Wasserstofftyp (H2): Fehlbesiedlung im Dünndarm mit Wasserstoff-bildenden Bakterien (u. a. Klebsiella, E. coli). Dies ist die häufigste Ursache von Reizdarm vom Durchfalltyp. Die Diagnose erfolgt durch einen Atemgastest.

SIBO vom Schwefelwasserstofftyp (H2S): Fehlbesiedlung im Dünndarm mit Schwefelwasserstoff-bildenden Bakterien. Dieser Typ geht häufig mit Durchfall und Verstopfung im Wechsel einher. Darüber hinaus können Symptome außerhalb des Darms auftreten, wie Kribbeln in den Händen und Füßen, Energielosigkeit und Abgeschlagenheit. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Schwefelwasserstoff in großen Mengen zellschädigend ist. Ein Atemgastest zum Nachweis von H2S ist derzeit in Deutschland nicht verfügbar. Die Diagnose erfolgt über eine Mikrobiomanalyse (Schwefelbildner wie Bilophila wadsworthia) und evtl. anhand einer sog. „Flatline“ in Atemgasttest.

IMO: Fehlbesiedlung im Dünndarm UND Dickdarm mit Methan-bildenden Bakterien (bzw. Archaeen). Dies ist die häufigste Ursache von Reizdarm vom Verstopfungstyp. Auch diese Art der Fehlbesiedlung lässt sich im Atemgastest durch Messung der Methanwerte diagnostizieren.

SIFO: Besiedlung des Dünndarms mit Pilzen (am häufigsten mit dem Hefepilz Candida). Der Nachweis kann z. B. im Rahmen der Mikrobiomanalyse (Stuhltest) erfolgen.

LIBO: Fehlbesiedlung des Dickdarms, d. h. das Dickdarmmikrobiom befindet sich im Ungleichgewicht zugunsten „schlechter“ Darmbewohner (Bakterien, Pilze, Viren)

Reizmagen/Reflux/Sodbrennen
Hier gelten im Grunde dieselben Ursachen wie für den Reizdarm. Durch SIBO und besonders IMO kann es auch zu Magenbeschwerden, wie Magenschmerzen, Aufstoßen, Völlegefühl und Sodbrennen sowie stillen Reflux kommen. Zusätzlich kann das Bakterium Helicobacter pylori eine Rolle bei der Entstehung von Reizdarmsymptomen sowie von Gastritis (Magenschleimhautentzündung) und Magengeschwüren spielen. Die Eradikation (Ausrottung) von H. pylori kann erfolgreich mit pflanzlichen Antibiotika und speziellen Bakterienstämmen (L. reuteri) durchgeführt werden. Die Linderung von Reizmagen- und Reflux-Symptomen kann sofort durch spezielle Ernährung und pflanzliche Arzneimittel erfolgen. Diagnose und Behandlung des Reizmagens entsprechen denen für Reizdarm.

Leaky Gut

Histaminintoleranz

Depression/Angststörung

Schlafstörungen

Migräne

*https://www.siboinfo.com/2023.html
https://www.townsendletter.com/FebMarch2013/ibs0213.html

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